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Ein Kommentar von Rolf Dautrich

Schild zur Dorferneuerung NeudorfSeit 2010 lief die Dorferneuerung Neudorf, zusammen mit den benachbarten Stadtteilen Hesseldorf und Weilers. Als Redakteur dieser Website habe ich den Prozess der Dorferneuerung seither in mehreren Beiträgen begleitet. Mit der Einweihung des neu gestalteten Dalles und des renovierten Alten Rathauses wurde die Dorferneuerung offiziell abgeschlossen. Zeit also, um eine –durchaus subjektive– Bilanz zu ziehen.

Neudorf hat sich durch die Dorferneuerung deutlich herausgeputzt, und auch funktionelle Verbesserungen wurden erreicht:

  • Der neue Festplatz direkt neben dem Dorfgemeinschaftshaus, an der Stelle des ehemaligen Spielplatzes, wurde schon bei etlichen Festen, nicht zuletzt bei der 650-Jahr-Feier, intensiv genutzt. Dabei hat sich die räumliche Nähe zum DGH als positiv erwiesen, denn bei Veranstaltungen kann vorhandene Infrastruktur im DGH (z.B. die Küche) mitbenutzt werden.

  • Der neue Spielplatz mit teilweise überdachter Raststation ist ideal in das Gelände eingepasst. Die Spielgeräte sind schöner und robuster als die auf dem alten Spielplatz. Und nicht nur die Eltern der Kinder nutzen die Raststation gerne zum Verweilen, sondern auch viele Radler, die auf dem Vogelsberger Südbahnradweg vorbeikommen.

  • Der barrierefreie Zugang zum Friedhof ist ein Segen für die –oft älteren– Besucher. Allerdings erschließt sich mir nicht wirklich, warum bei dieser Baumaßnahme nicht auch gleich der Kirchenvorplatz gepflastert und neu angelegt worden ist. Immerhin wird dies jetzt in gemeinsamer, mühsamer Arbeit von evangelischer und katholischer Kirchengemeinde in Eigenleistung nachgeholt.

  • Durch die Umgestaltung ist der Dalles von einer schnöden (und gefährlichen) Kreuzung wieder zu einem einladenden Platz in der Ortsmitte geworden. Dabei wurde durch die Verlegung der Fahrbahn in Richtung Weilers auch die Verkehrssicherheit erhöht. Trotzdem kommt es immer noch gelegentlich aufgrund von Missachtung der Rechts-vor-links-Regel zu gefährlichen Situationen an der Einmündung der Aufenauer Straße.

  • Das frisch renovierte Alte Rathaus ist eine echte Zierde für den Dalles geworden. Und die rührige Arbeitsgruppe des Heimat- und Geschichtsvereins unter Leitung von Frank Schneider wird sicher dafür sorgen, dass das Alte Rathaus bald wieder als Heimatmuseum mit zahlreichen Ausstellungsstücken aus der Dorfgeschichte für Besucher offenstehen wird.

  • Und schließlich haben auch einige Neudorfer Häuser neue Dächer, neue Anstriche oder andere Verschönerungen erhalten, weil den Hausbesitzern die Entscheidung für eine Renovierungsmaßnahme durch einen ordentlichen Zuschuss aus den Mitteln der Dorferneuerung leichter gefallen ist.

Aber auch jenseits der diversen Baumaßnahmen hat die Dorferneuerung positive Ergebnisse erbracht. So gehörte zu den Projektideen, die am Anfang gesammelt wurden, auch eine Bücherei zur Belebung des sozialen Lebens im Dorf. Hieraus entstand der Verein Treffpunkt Neudorf eV, der nicht nur diese Bücherei betreibt, sondern auch schon zahlreiche interessante Veranstaltungen zu unterschiedlichsten Themen organisiert hat.

Alles bestens also? Leider nein!

Denn –wie in anderen Dörfern auch– gibt es immer noch erhebliche Defizite bei der Infrastruktur. Bäcker? Gab es mal. Metzger? Gab es mal. Lebensmittelgeschäft? Es gab sogar mal zwei. Schule? Gab es mal. Arzt? Apotheke? Alles Fehlanzeige!

Meridian / WeidenhofladenDank der Initiative unseres Neudorfer Bürgers Davut Bayram gibt es zwar ein Speiserestaurant im Dorfgemeinschaftshaus; aber eine Dorfkneipe im engeren Sinn ist das Meridian nicht.
Der Weidenhofladen bietet zwar (auch) ein Grundsortiment an hochwertigen Grundnahrungsmitteln an, kann aber an die Sortimentsbreite eines „normalen“ Lebensmittel-Supermarkts nicht heran.
Was in Neudorf fehlt, findet man –ebenso wie Kindergärten und viele andere Angebote– in der Innenstadt von Wächtersbach. Doch die Fahrpläne der Busse sind auf Schüler und Berufstätige abgestimmt, aber weder auf Menschen, die zum Einkaufen fahren wollen, noch auf Nachtschwärmer. Wer kein eigenes Auto besitzt und keine Mitfahrgelegenheit bekommt, ist in Neudorf immer noch weitgehend abgehängt.

Leider ist auch nicht absehbar, dass sich an der fehlenden Infrastruktur kurzfristig etwas ändern wird. Ich würde mich freuen, wenn sich mal jemand findet, der eine Dorfkneipe aufmacht, denn ein solcher Ort der Begegnung eignet sich ideal, um gemeinsam mit anderen Fans den Sieg der eigenen Mannschaft zu feiern oder deren Niederlage zu betrauern. Oder zum Kartenspiel mit Freunden. Und vor allem dazu, mal über die Dinge, über die man sich in der Politik, in der Nachbarschaft oder sonst irgendwo geärgert hat, so richtig Dampf abzulassen, ohne dass jede voreilige oder unbedachte Äußerung –wie in den sozialen Netzen- über Jahre für viele zum Abruf bereitsteht.

Bezüglich der Organisation des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs ist die Politik gefordert, über neue Konzepte nachzudenken wie z.B. die Organisation von Mitfahrgelegenheiten, Carsharing oder Anruf-Sammeltaxis. Erste Feldversuche mit einem Mitfahrernetz gab es im nahen Spessart, allerdings mit einem unbefriedigenden Ergebnis.

Verfallendes HausWie in anderen ländlichen Gegenden gibt es darüber hinaus auch in Neudorf einen Trend zur Verödung des Ortskerns: Derzeit stehen ca. ein halbes Dutzend Häuser in Neudorf leer, meist weil die früheren Bewohner verstorben sind und die Erben oder neuen Besitzer noch keine Entscheidung über die weitere Verwendung der Häuser getroffen haben. Andererseits gibt es offensichtlich einen großen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, wie man daran erkennen kann, dass neu gebaute Mietshäuser (Am Rosengarten, Neue Straße) praktisch über Nacht komplett vermietet sind.
Es wäre aus meiner Sicht eine Aufgabe für den Ortsbeirat, leerstehende Häuser und deren Besitzer zu identifizieren und zusammen mit der Stadt Wächtersbach hier zu Lösungen zu kommen, die leerstehende Häuser in attraktiven Wohnraum verwandeln. Das könnte für die Hausbesitzer sogar attraktiv sein, denn auch nach dem Ende der Dorferneuerung stehen in Hessen Fördermittel zur Entwicklung des ländlichen Raums bereit, u.a. genau für diesen Zweck.

So bleibt die Bilanz zwiespältig: Die Dorferneuerung hat vieles erreicht, aber es bleibt immer noch viel zu tun!